Vom 1. September bis zum 4. Oktober haben wir die ökumenische „Schöpfungszeit“ gefeiert. Das diesjährige von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) herausgegebene Motto lautete „Lass jubeln alle Bäume des Waldes“. Bei diesem dem Psalm 96,12 entnommenen Motto ist mir sofort eine Besonderheit aufgefallen, die ich auch aus dem Sonnengesang von Franz von Assisi kenne: In diesem Psalm sollen nicht die Menschen jubeln, sondern die Bäume. Im Sonnengesang in franziskanischer Lesart heißt es:
„Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Mond und die Sterne,
… durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken,
… durch Schwester Wasser,
… durch Bruder Feuer,
… durch unsere Schwester, Mutter Erde.“
Hier ist eine andere Art von Verständnis von Natur und Schöpfung zu erkennen. Die belebte und unbelebte Natur sind Brüder und Schwestern, die wie wir jubeln und Gott loben können. Diese Art von Naturverständnis ist uns Menschen in unserem Kulturkreis fremd. Vielleicht kann sie aber eine Lösung für unsere globalen Umwelt- und Klimakrisen sein.
Diese für uns fremde Haltung ist nicht so neu. Die Psalmen, Franz von Assisi, indigene Völker und auch Papst Franziskus kennen diese andere Naturbeziehung: „Diese Überzeugung darf nicht als irrationaler Romantizismus herabgewürdigt werden, denn sie hat Konsequenzen für die Optionen, die unser Verhalten bestimmen. Wenn wir uns der Natur und der Umwelt ohne diese Offenheit für das Staunen und das Wunder nähern, wenn wir in unserer Beziehung zur Welt nicht mehr die Sprache der Brüderlichkeit und der Schönheit sprechen, wird unser Verhalten das des Herrschers, des Konsumenten oder des bloßen Ausbeuters der Ressourcen sein, der unfähig ist, seinen unmittelbaren Interessen eine Grenze zu setzen. Wenn wir uns hingegen allem, was existiert, innerlich verbunden fühlen, werden Genügsamkeit und Fürsorge von selbst aufkommen.“ (Enzyklika Laudato si 11).
Im Umgang mit der Mitwelt erscheint es mir dabei von Bedeutung, die Mitgeschöpfe, unsere Brüder und Schwestern, so zu akzeptieren, wie sie sind und ihnen ihre natürlichen Eigenschaften und Lebensbereiche zu lassen. Die Bäume des Waldes sind Wesen der Ruhe und Stille. Deshalb sollten wir uns im Wald ruhig verhalten, deshalb haben Mountainbike-Strecken im Wald nichts zu suchen und ich weiß nicht, wie Bäume es finden, wenn in Ihnen Baumhotels gebaut werden. Ich weiß auch nicht so genau, wie die Bäume des Waldes jubeln, aber das ist vielleicht auch eine wichtige Erkenntnis, dass wir nicht alles wissen und dass es viele Dinge gibt, die wir gar nicht wahrnehmen. Umso schöner und faszinierender finde ich den Psalm: „Lass jubeln alle Bäume des Waldes“.
Laudato si Osnabrück / Unterbrechung am Mittwoch